Pressemitteilungen
Versorgungsforschungspreis 2013 der DGOU
Osteoporose-Patienten besser versorgen: Mit Kompetenz, Kommunikationsgeschick und Ausdauer sektorübergreifende Netzwerke aufbauen
Berlin, 05.11.2013:
Im Rahmen des diesjährigen DKOU in Berlin erhielt das Kompetenznetzwerk Osteoporose Nordrhein den Versorgungsforschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). Dr. med. Christoph Eichhorn, Aachen, schildert den Weg von den Anfängen des Projekts bis hin zur ersten Erfolgsbilanz: Die Patienten erlitten weniger Frakturen und nahmen ihre Medikamente zuverlässiger ein, was auch auf der Seite der Kostenträger positive Effekte zeigte.
Die Zahlen sprechen für sich: Bei den Osteoporose-Patienten im Vertrag zur integrierten Versorgung mit der AOK Rheinland/Nordrhein war die Rate an krankenhauspflichtigen Frakturen um mehr als 70% geringer, die Compliance deutlich besser und der Verbrauch an Schmerzmitteln um 15% niedriger als bei Patienten in der Regelversorgung (vgl. Niedhart C., Preising A., Eichhorn C. Z Orthop Unfall 2013; 151: 20-24). Dabei standen gerade zu Beginn des Projekts zunächst andere, „weiche“ Erfolgsfaktoren im Vordergrund der Zusammenarbeit von medizinischen Experten und Kostenträgern.
Eichhorn: „Im Jahr 2004 konnten wir uns bereits auf eine solide S3-Leitlinie Osteoporose stützen. Außerdem lag mit § 140 SGB V eine gesetzliche Anforderung zur stärkeren sektorübergreifenden Zusammenarbeit vor. Diese medizinischen und gesundheitspolitischen Eckpunkte bildeten die Grundlage für unsere Gespräche mit der AOK. Für die Krankenkasse waren Direktverhandlungen mit Ärzten zu diesem Zeitpunkt ein Novum; wir mussten uns zunächst einmal auf eine gemeinsame Kommunikationsebene verständigen, bevor wir über die Ziele der Zusammenarbeit diskutieren konnten. Man wusste anfangs ja gar nicht, wie die andere Seite denkt, und auch bei sich selbst musste man die Erwartungen und Anspruchshaltungen reflektieren und revidieren. Das haben beide Seiten im Interesse des Projekts immer wieder aufs Neue getan. Zuhören, ausreden lassen, den Standpunkt des Partners verstehen wollen – das ist oft anstrengend, aber ganz entscheidend für das weitere gemeinsame Vorankommen.“
In den Jahren 2005 bis 2007 wurden die Ergebnisse der leitlinienorientierten, sektorübergreifenden Therapie in der Pilotgruppe (25 Ärzte) extern evaluiert, wobei sich eine überraschend hohe Reduktion an Frakturraten zeigte. Daraufhin führte die AOK die Evaluierung selbst fort.
Eichhorn: „2009 wurde die Frakturreduktion an einer großen Fallzahl als statistisch signifikant nachgewiesen, sodass entschieden wurde, das Projekt auszuweiten und weitere Partner wie die IKK-Classic und die LKK mit einzubeziehen. Die bis einschließlich 2011 erzielten Ergebnisse bezüglich der Frakturreduktion haben die AOK schließlich dazu veranlasst, den Vertrag um fünf Jahre zu verlängern.“
Jeder der Partner im Vertrag verpflichtet sich dazu, bestimmte Regeln zu befolgen, das gilt für die DVO-zertifizierten Osteologen genauso wie für die Patienten.
Eichhorn: „Schulungen und feste Regeln für die teilnehmenden Ärzte sind genauso wichtig wie eine konsequente Patientenführung. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Praxis-Helferinnen, welche die Patienten anschreiben oder anrufen und an vergessene Medikamenteneinnahme oder nicht eingelöste Rezepte erinnern. Die Ärzte wiederum sind verpflichtet, sich regelmäßig zu rezertifizieren. So bleiben nur die Teilnehmer im Programm, die es ernst nehmen und sich verbindlich engagieren.“
Die Resonanz bei den teilnehmenden Ärzten ist überwiegend positiv; inzwischen hat sich eine stabile Teilnehmergruppe zusammengefunden, die sich weiter vergrößert.
Eichhorn: „Wir fragen zwar nicht aktiv ab, wie man sich fühlt, ob man plant, weiter zu machen, wi bekommen aber über die Jahreshauptversammlungen mit, dass der überwiegende Anteil sehr froh ist, an dieser innovativen Versorgungsform teilzunehmen. Die Teilnahme am IV Vertrag ist für die Ärzte kostenneutral bis leicht positiv, auch hinsichtlich der Personalkosten. Das ist wahrscheinlich schon Motivation genug - und dann kommen noch die erfreulichen Zahlen dazu.“
Eine erfolgreiche Zwischenbilanz also, die durch die Verleihung des Versorgungsforschungspreises der DGOU 2013 entsprechend gewürdigt wird. Das Erfolgsrezept für integrierte Versorgungskonzepte gibt es zwar noch nicht, doch lassen sich aus der Arbeit des Kompetenznetzwerks Osteoporose Nordrhein viele Erkenntnisse für die Einrichtung anderer Netzwerkprojekte zur Verbesserung der Osteoporose-Versorgung gewinnen.
Eichhorn: „Ich wünsche mir natürlich, dass das System, sofern es sich über die Jahre weiter als beständig erweist und die Zahlen weiter korrekt und gut sind, multipliziert. Wir können nicht sagen „Macht das so wie wir es gemacht haben.“, „Macht keine Anfangsfehler.“, oder „Kommuniziert in einer anderen Art und Weise.“ Was wir sagen können, ist, dass man Geduld haben, sich auf die Partner einstellen muss, die Erwartungen nicht zu hoch ansetzen darf. Und letztlich müssen natürlich die Fakten sprechen, sonst erreicht man nichts.“
Das Gespräch führte Dr. Ingrid Weber, Lilly Deutschland GmbHSignifikant weniger Brüche bei Osteoporose durch abgestimmtes Vorsorgeprogramm
Erfolgreiche Initiative der AOK Rheinland/Hamburg und des Kompetenznetzwerks Osteoporose Nordrhein wird fortgeführt
DÜSSELDORF, 15.10.2013.
Die AOK Rheinland/Hamburg und das Kompetenznetzwerk Osteoporose Nordrhein haben heute die neuesten Ergebnisse ihres Vorsorgeprogramms gegen Osteoporose vorgestellt. 7200 AOK Versicherte – davon 85 Prozent Frauen und 15 Prozent Männer – nahmen in den letzten vier Jahren an dem Programm teil. Das zufriedenstellende Ergebnis: Die Teilnehmer mussten deutlich seltener wegen eines Knochenbruchs ins Krankenhaus eingewiesen werden. Im Vergleich zur Regelversorgung – das betrifft alle Patienten mit therapiebedürftiger Osteoporose, die nicht am Vorsorgeprogramm teilnahmen – konnte die Zahl der Krankenhauseinweisungen aufgrund Osteoporose-bedingter Knochenbrüche bei den Teilnehmern um 35% gesenkt werden.
Osteoporose, meist auch Knochenschwund genannt, führt zur Verringerung der knöchernen Gerüstsubstanz der Knochenbälkchen. Vor allem Frauen sind von der Erkrankung betroffen. Bei fehlender oder unzureichender Therapie steigt die Rate an Knochenbrüchen in Abhängigkeit vom Alter und dem Schweregrad der Osteoporose kontinuierlich an. Gerade nach Oberschenkelbrüchen ist etwa ein Fünftel der Betroffenen nicht mehr in der Lage, sich eigenständig zu versorgen – sie sind dauerhaft pflegebedürftig. Eine leitliniengerechte Behandlung der Osteoporose dagegen führt zu weniger Knochenbrüchen und verbessert so die Lebensqualität der betroffenen Patienten wesentlich. Bei Osteoporose-Patienten im Vorsorgeprogramm treten am häufigsten Schulter- und Beckenbrüche auf. Das Durchschnittsalter der teilnehmenden Patienten beträgt 75 Jahre, der jüngste ist ein Patient mit 33 Jahren und der älteste eine 98-jährige Patientin.
Osteoporose ist behandelbar, Frakturen müssen nicht sein
Aufgrund dieses großen Erfolgs sehen sich die AOK Rheinland/Hamburg und das Kompetenznetzwerk Osteoporose Nordrhein darin bestärkt, das Vorsorgeprogramm fortzuführen. Matthias Mohrmann, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg, betonte: „Die Osteoporose-Versorgung hat ihre Wirksamkeit bewiesen. Knochenbrüche, auch schwerer Art, und die damit verbundenen Krankenhaus-Behandlungen sind zurückgegangen. Gerade für ältere Menschen stellt das einen Gesundheits- und Lebensgewinn dar.“ „Osteoporose ist behandelbar, Frakturen müssen nicht sein“, sagte Dr. Christoph Eichhorn, Mitinitiator und Vorsitzender des Kompetenznetzwerks Osteoporose.
Die Teilnehmer des Programms erhalten eine bessere Versorgung mit Osteoporose-spezifischen Arzneimitteln und benötigen gleichzeitig weniger Analgetika (Schmerzmittel) als Patienten in der Regelversorgung. Durch die zeitlich aufwendigere Betreuung des Arztes gibt es bei den Teilnehmern eine viel höhere Therapie- und Einnahmetreue als bei den Versicherten in der Regelversorgung. Das bedeutet: Sie nehmen die Kontrolluntersuchungen beim behandelnden Arzt öfter wahr und die Medikamente wesentlich regelmäßiger ein.
Auch wissenschaftlich findet das Projekt erhebliche Beachtung: So wurde die Veröffentlichung der Ergebnisse in der Zeitschrift für Orthopädie und Unfallchirurgie mit dem Versorgungsforschungspreis 2013 der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie ausgezeichnet.
Osteoporose ist längst zu einer Volkskrankheit geworden
In Deutschland schätzt man die Zahl der Betroffenen auf sieben Millionen – jede dritte Frau und jeder fünfte Mann ab dem 50. Lebensjahr leidet unter Osteoporose. Vor allem der Anteil an Frauen nach der Menopause ist erschreckend hoch.
Dieser Entwicklung steuert das 2005 in Aachen gegründete Kompetenznetzwerk Osteoporose Nordrhein mit seinem speziell für diese Zielgruppe entwickelten Vorsorgeprogramm entgegen. Zu dem Netzwerk haben sich 134 überwiegend niedergelassene Orthopäden sowie Haus- und Fachärzte mit der Zusatzqualifikation Osteologe (DVO), Krankenhäuser der Städteregion Aachen bzw. im Rheinland (Medizinisches Zentrum der Städteregion Aachen, Würselen, Luisenhospital Aachen, St. Josef Krankenhaus, Moers, LVR-Klinik für Orthopädie, Viersen, Ev. Krankenhaus Bergisch-Gladbach, St. Marien-Hospital, Köln) und die AOK Rheinland/Hamburg zusammengeschlossen, um die Krankheit effizient zu behandeln bzw. Frakturen und auch Krankenhauseinweisungen vorzubeugen. Dadurch können spürbar Kosten eingespart werden. Das Vorsorgeprogramm beinhaltet eine Früherkennung und eine intensive Behandlung durch die teilnehmenden Ärzte. Der am Vertrag teilnehmende Arzt informiert Versicherte über das Vorsorgeprogramm.
Von der erhöhten Frakturanfälligkeit kann das ganze Skelett betroffen sein. Osteoporose gehört zu den zehn häufigsten Erkrankungen und tritt überwiegend im höheren Lebensalter ein. Da man den schleichenden Prozess des Knochenabbaus jedoch nicht spürt und er keine Schmerzen verursacht, werden die mittel- und langfristigen Gefahren unterschätzt. Osteoporose führt zu einer erhöhten Sterblichkeit.
Wer bei der AOK Rheinland/Hamburg versichert ist, kann sich bei seinem behandelnden Arzt oder im Krankenhaus erkundigen, ob diese Mitglied des Kompetenznetzwerkes sind. Die Teilnahme an dem Versorgungsprogramm ist kostenfrei.
Quelle:
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AOK Rheinland/Hamburg, Pressestelle
André Maßmann, andre.massmann@rh.aok.de, Tel. 0211/8791 1262